LEDs als Straßenbeleuchtung: Fluch oder Chance?
Keine Frage, eine Welt ohne Straßenbeleuchtung ist für uns schwer vorstellbar. Das lassen wir uns einiges kosten: Weltweit werden 19% der Energie für Straßenbeleuchtung verbraucht. Allein Europa zahlt 10 Milliarden Euro pro Jahr für die nächtliche Beleuchtung. Die CO2-Produktion durch Straßenbeleuchtung wird auf circa 1900 Millionen Tonnen geschätzt. Solche Zahlen machen klar, dass dringend Handlungsbedarf besteht.
Die technische Entwicklung der letzten Jahre war rasant im Bereich Beleuchtung und die LED ist das Vorzeigeobjekt der Ingenieure. Klein, langlebig und energie-effizient erscheint sie als die Lösung des Problems. Die Fördergemeinschaft Gutes Licht schätzt, dass dank LEDs und modernen Leuchten bis zu 80% des Energieverbrauchs eingespart werden kann. Ein Anreiz für die Städte, deren Budget doch meist eher eng ist. Zwar kostet die Umrüstung zur LED-Beleuchtung erst mal Geld, doch viele Gemeinden mussten in den letzten Jahren sowie umrüsten und Förderprogramme des Bundes nahmen einen Teil der finanziellen Belastung. Seit 2015 sind zudem die Quecksilberdampflampen verboten und 2017 folgten auch die Natrium-Hochdrucklampen. So bleiben neben LEDs nur noch die Natrium-Niederdrucklampen, deren orangenes Licht von den meisten Menschen als unangenehm empfunden wird.
Kein Wunder also, dass immer mehr Städte auf LEDs umrüsten. Dazu kommt, dass sich mit LEDs hohe Beleuchtungsstärken erreichen lassen, was die Beleuchtung fast tageslicht-ähnlich erscheinen lässt. Bessere Sichtbarkeit, weniger Verkehrsunfälle, weniger Kriminalität, mehr Sicherheit, argumentieren die Befürworter dieser Entwicklung. Umso überraschender, dass sich nach der Umrüstung die Beschwerden der Anwohner häufen. Warum?
Aus Effizienzgründen werden gerne LEDs mit einer Farbtemperatur über 4000 Kelvin installiert. Und weil der Stromverbrauch dieser LEDs so niedrig ist, leuchten die Lampen mit voller Kraft, denn mehr Licht bedeutet ja bekanntlich mehr Sicherheit. Das Ergebnis ist ein grelles, blendendes, kaltweißes Licht, das eine Vielzahl von Nachteilen hat. Kaltweißes Licht hat einen hohen Blauanteil. der unsere innere Uhr beeinflusst, indem es die Produktion von Melatonin hemmt. Es steht im Verdacht, Schlafstörungen, Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs zu fördern. Viele Anwohner empfinden das grelle Licht auch als sehr unangenehm, klagen über Blendung und Einschlafstörungen. Besonders auffällig werden die Beschwerden in Altstadtbereichen, in denen eine gemütliche Atmosphäre erzeugt werden soll. Dies zeigte sich vor kurzem in Rom, wo kaltweiße LEDs in der Altstadt installiert wurden – sehr zum Missfallen der Anwohner und Restaurantbesitzer. Die Politikerin Nathalie Naim verglich das Licht im Altstadtzentrum sogar mit dem einer Leichenhalle. Auch ökologische Probleme entstehen, denn kaltweißes Licht ist besonders anziehend für Insekten.
Experten empfehlen inzwischen LEDs mit einer Farbtemperatur zwischen 2700 und 3000 Kelvin. Als Gegenargument ist jedoch oft zu hören, dass diese LEDs weniger effizient sind als die kaltweißen. Zwar sind LEDs mit 4000 Kelvin wirklich 10% effizienter als LEDs mit 3000 Kelvin, aber es stellt sich doch die Frage, ob nur Energieverbrauch eine Rolle spielt, oder auch der medizinische und ökologische Schaden, der durch Beleuchtung verursacht werden kann.
Dazu kommt noch ein anderer Punkt. Der geringe Energieverbrauch der kaltweißen LEDs verführt dazu, noch heller zu beleuchten. Soviel Licht ist aber überhaupt nicht nötig. Verkehrsteilnehmer in der niederländischen Stadt Nijmegen beschwerten sich nach der LED-Umrüstung über zu grelles Licht und Blendung auf einer wenig befahrenen Straße. Die Lösung fand sich in moderner Lichtsteuerung. Sensoren erfassen die Nutzung der Straße. Ohne Verkehrsteilnehmer werden die Lampen auf 20% ihrer Leistung gedämmt. Nähert sich jemand, steigt die Helligkeit, bis die Straße wieder leer ist. Die Beleuchtungsstärke ist zudem wetterabhängig. Das Ergebnis ist nicht nur weniger Blendung, sondern auch eine Energieersparnis von 60% gegenüber dem ursprünglichen LED-Aufbau.
Intelligente Beleuchtungssysteme werden inzwischen von mehreren Firmen angeboten. Doch während einige Städte die Möglichkeiten der modernen Technologie sehen, argumentieren andere Städte, die Kosten einer solchen Beleuchtung würde ihr Budget sprengen. Wirkliche Zahlen fehlen oft dabei. Eine traurige Entwicklung, denn dank moderner Technik haben Städte die Chance, eine nachhaltige Beleuchtung zu installieren, die die Bedürfnisse von Atmosphäre, Sicherheitsempfinden, Gesundheit, Ökologie und Energieeinsparungen berücksichtigt. Ohne solch ein intelligentes Konzept sind LEDs jedoch eher ein Fluch für die Nacht.
Empfehlungen für nachhaltige Straßenbeleuchtung gibt es auch von dem europäischen Forschungsnetzwerk LoNNe.
4 Replies to “LEDs als Straßenbeleuchtung: Fluch oder Chance?”
Sehr geehrte Frau Krop
Besten Dank für Ihr Engagement!
Ich bin am verzweifeln, vor 5 Jahren wurden bei uns die Strassenlampen , ich vermute laut ihrem Bericht, dass es sich dabei um Natrium Niederdrucklampen, deren oranges Licht ich geliebt habe, durch LED ersetzt. Laut Aussagen der Gemeinde sind es 3000 Kelvin. Ich empfinde dieses Licht als extrem störend und es reflektiert so fest, dass sogar mein Schlafzimmer trotz Verdunkelungsstoren erhellt wird! ich reagiere ausserdem mit Agressivitätgegen dieses Licht während ich das orange Licht als sehr beruhigend empfand. Mein Hobby, die Astronomie musste ich an den Nagel hängen, da schlicht keine Sterne mehr sichtbar sind.
Nun habe ich den Kontakt mit der Gemeinde nochmals gesucht, da ich die Auswechslung auf die alten Niededrucklampen möchte. Man teilte mir mit , dass es jetzt wärmere LED gebe, und diese ev. durch diese ersetze. Ich weiss aber dass der Blauanteil trotzdem vorhanden ist und wollte Sie fragen welche Studien Sie mir empfehlen könnten oder welche Argumente ich vorbringen könnte?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung!
Verena Studer
Liebe Frau Studer,
der Blauanteil der sogenannten Amber-LEDs ist deutlich geringer und damit akzeptabel. Eine andere Lösung wäre möglicherweise, die vorhandenen LEDs zu dimmen. Dann wirkt das Licht weniger blendend. Gute Argumente für weniger Blauanteil finden sich auf der Seite des Sternenparks Rhön: https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen . Außerdem empfehle ich folgende Leitfäden:
Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung im Buidnestag: https://www.tab-beim-bundestag.de/projekte_lichtverschmutzung-ausmass-gesellschaftliche-und-okologische-auswirkungen-sowie-handlungsansatze.php
BfN Schriften 543 – Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen: Anforderungen an eine nachhaltige Außenbeleuchtung: https://www.bfn.de/publikationen/bfn-schriften/bfn-schriften-543-leitfaden-zur-neugestaltung-und-umruestung-von
Österreichischer Leitfaden Außenbeleuchtung: file:///C:/Users/annet/Downloads/leitfaden-aussenbeleuchtung.pdf
Publikation der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft: https://www.litg.de/de_DE/?p=567&download=1&pid=62&
Sehr geehrte Frau Krop
Besten Dank für Ihr Engagement!
Ich bin am verzweifeln, vor 5 Jahren wurden bei uns die Strassenlampen , ich vermute laut ihrem Bericht, dass es sich dabei um Natrium Niederdrucklampen, deren oranges Licht ich geliebt habe, durch LED ersetzt. Laut Aussagen der Gemeinde sind es 3000 Kelvin. Ich empfinde dieses Licht als extrem störend und es reflektiert so fest, dass sogar mein Schlafzimmer trotz Verdunkelungsstoren erhellt wird! ich reagiere ausserdem mit Agressivität gegen dieses Licht während ich das orange Licht als sehr beruhigend empfand. Mein Hobby, die Astronomie musste ich an den Nagel hängen, da schlicht keine Sterne mehr sichtbar sind.
Nun habe ich den Kontakt mit der Gemeinde nochmals gesucht, da ich die Auswechslung auf die alten Niededrucklampen möchte. Man teilte mir mit , dass es jetzt wärmere LED gebe, und diese ev. durch diese ersetze. Ich weiss aber dass der Blauanteil trotzdem vorhanden ist und wollte Sie fragen welche Studien Sie mir empfehlen könnten oder welche Argumente ich vorbringen könnte?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung!
Verena Studer