Wenn Brücken leuchten
Modernes Lichtdesign bedeutet für manche noch immer je heller desto besser. Die neue Beleuchtung der Erasmus-Brücke in Rotterdam ist ein Beispiel dafür. Die Designer sprechen von Poesie und einer Bereicherung der Umwelt. Ich sehe jede Menge geblendete Autofahrer und tote Vögel. Schade, denn modernes Lichtdesign kann soviel mehr sein.
Vielleicht denken Sie jetzt, wow, sieht doch toll aus. Zugegeben, die Brücke hat einen gewissen Wow-Effekt, aber warum ist das Design trotzdem nicht gut?
Die Brücke wird in wechselnden Farben angestrahlt, und immer wieder erscheint der Brückenpfeiler in strahlendem Weiß. Für einen Autofahrer bedeutet das, dass er in grelles Licht hinein fährt und dabei geblendet wird. Hat er den strahlenden Brückenpfeiler passiert, fährt er in einen dunkleren Bereich. Unsere Augen brauchen mehrere Minuten, um sich an das dunklere Licht zu gewöhnen. In diesen Minuten fahren wir mehr oder weniger blind – eine Situation, die immer wieder zu Unfällen führt.
Auch ökologisch ist die Brücke voller Probleme. Fast das gesamte Licht strahlt in die Umgebung ab, also den Himmel und das Wasser. Das verursacht zuerst einmal einen hohen Stromverbrauch. Ein solcher Lichtkegel wirkt zudem wie ein Staubsauger auf hunderte von Vögel und tausende von Insekten. Vögel werden geblendet, kollidieren mit der Brücke, besonders mit den Stahlseilen und sterben. Auch das Ökosystem des Flusses wird beeinflusst: durch das nächtliche Licht kommt es zu vermehrtem Algenwachstum und wandernde Fische werden behindert, da sie das Licht scheuen. Andere Fische werden vom Licht angezogen und von eigentlich tagaktiven Raubfischen gefressen.
Viele Gründe also, warum ein Lichtdesign wie dieses nicht mehr in die heutige Zeit gehört. Die Designer sprechen in ihrer Philosophie von Poesie des Lichts und davon, dass sie die Umwelt der beleuchteten Struktur bereichern wollen. Mit Umwelt beziehen sie sich dabei offensichtlich nur auf die menschliche Wahrnehmung. Schade. Denn es gibt hervorragende Beispiele für Lichtdesign, das eine Bereicherung der ästhetischen Umwelt ist, aber auch ökologisch verträglich. Richtig nachhaltig eben.