Gesellschaft
Vor Einführung des elektrischen Lichts war die Nacht in erster Linie eine private Sache. Arbeiten war schwierig und wurde, mit wenigen Ausnahmen, als anrüchig angesehen. Die Nacht war die Zeit für Ruhe, Nachdenken und Beten.
Künstliches Licht erlaubt uns heute, rund um die Uhr aktiv zu sein und zu arbeiten. Nachtschichten sind aus vielen Bereichen unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Wer nicht arbeitet, nutzt die Nacht für die Freizeitgestaltung. „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin!”, „Carpe Noctem!”, „Erfolgreiche Menschen schlafen nicht!” sind Aussagen, die Modernität und Effizienz ausdrücken sollen.
Während die 24-Stundengesellschaft als wirtschaftlicher Erfolg und Sieg über die menschliche Natur gefeiert wird, häufen sich jedoch Hinweise, dass wir einen hohen Preis zahlen. Schichtdienst und Schlafverzicht (oder gar -entzug) belasten unsere Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Die ständige Bereitschaft, die von uns erwartet wird, setzt viele unter Streß und läßt den Ruheraum Nacht verschwinden. Wissenschaftler vermuten, dass der Anstieg und Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Krebs und anderen Erkrankungen zum Teil auch Folge dieser Entwicklung sind.
Gleichzeitig tun wir uns schwer, die Vorteile zu nutzen, die sich durch eine freie Zeitgestaltung ergeben können. Daß Menschen, grob gesagt, in Eulen und Lerchen, also Früh- und Nachtmenschen unterteilt werden können, ist inzwischen weitgehend bekannt. Doch gibt es hier viele Vorurteile. Einige idealisieren immer noch den Frühaufsteher als fleißig, während der Nachtmensch als "Langschläfer" im Verdacht steht, wertvolle Arbeitszeit zu verschwenden. Bei Anderen gilt der Nachtmensch als besonders kreativ. Eine flexiblere Anpaßung der Arbeitszeiten ist für die meisten Arbeitnehmer jedoch noch nicht absehbar.
So bringt uns die „erleuchtete” Gesellschaft eine Vielzahl von Problemen und Chancen. Wir stehen vor der Herausforderung, diese so anzugehen, daß künstliches Licht eine Bereicherung unseres Lebens bringt, nicht eine Belastung.
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