Citizen Science für die Nacht

Citizen Science für die Nacht

In den letzten Jahren hat die Forschung über künstliches Licht in der Nacht deutlich zugenommen. Dabei haben die Forscher vor allem ein Problem: Sie müssen wissen, wie hell es wo ist. Die meisten Untersuchungen beantworten diese Frage mit Hilfe von Satellitenbildern. Diese Daten kommen oft von Satelliten, zuerst vom Operational Linescan System of the Defense Meteorological Satellite Program (DMSP), später von den VIIRS-Sensoren (Visible Infrared Imaging Radiometer Suite) an Bord des Suomi NPP Satelliten (National Polar-Orbiting Partnership) von NASA und NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration).

Die beleuchtete Erde. Bildrechte bei NASA

Eine Studie von Travis Longcore und seinem Team hat kürzlich gezeigt, dass diese Daten eine verblüffend gute Übereinstimmung mit der am Boden gemessenen Helligkeit haben. Dennoch haben die Satellitendaten ein paar Schwächen. Die Auflösung von Satellitendaten ist eher gering, so dass zum Beispiel nicht die Helligkeit in einer bestimmten Straße bestimmt werden kann. Auch erkennen die Sensoren nicht alles Licht aus dem blauen Bereich, so dass Städte mit LED-Beleuchtung dunkler erscheinen, als sie wirklich sind.

Wissenschaftler brauchen also weitere Datenquellen, und sie brauchen vor allem sehr viele Datenpunkte. Ein perfekte Aufgabe für Bürgerwissenschaftler und in der Tat gibt es eine Reihe von Projekten mit unterschiedlichem Ansatz. Jeder kann mitmachen und damit einen Beitrag zu einer umwelt- und sozialpolitisch wichtigen Forschung leisten. Hier möchte ich fünf dieser Projekte kurz vorstellen.

Manche dieser Projekte finden draußen statt, wobei „draußen“ auch bedeuten kann, vom Balkon oder Fenster aus zu messen. Es geht nicht darum, die dunkelsten Orte zu finden, sondern ein möglichst großflächiges Bild zu bekommen. Um eine zeitliche Veränderung der Lichtverschmutzung zu sehen ist es auch von großer Bedeutung, einen Ort mehrere Male zu messen. Alle Projekte eignen sich auf für Schulprojekte in den Bereichen Umweltschutz, Astronomie und Datenanalyse.

Globe at Night

Wo? Draußen
Wann? Bei Nacht
erforderliche Ausrüstung? Papier & Stift und Internetzugang zuhause, alternativ Loss of the Night App (s. unten)
Zielgruppe: Familien, Sternenfreunde, Nachtschwärmer, Hobbyastronomen
Lernfaktor: Sternbilder kennenlernen und bei Nacht draußen sein

Bild von Greg Rakozy via Unsplash

Bei diesem Projekt werden Sterne gezählt. In vorher festgelegten Nächten wird ermittelt, wie viele Sterne in einem bestimmten Sternbild zu sehen sind. Die Idee dahinter ist, dass nicht alle Sterne gleichstark leuchten. Sie wurden in Magnitudenklassen eingeteilt. Je nachdem, wie hell der Himmel durch Mondlicht oder Lichtverschmutzung ist, sind auch weniger helle Sterne zu sehen.

Für jede Kampagne gibt es einen Activity-Guide mit Magnitudenkarten des entsprechenden Sternbilds auf denen angezeigt wird, welche Sterne bei welcher Himmelshelligkeit zu sehen sind. Wieder zuhause füllen Sie am Computer ein kurzes Formular (es gibt Übersetzungen in viele Sprachen, auch ins Deutsche) aus mit Ihrem Standort, der Beobachtungszeit, einer kurze Information über die Wolken am Himmel und natürlich die Himmelshelligkeit. Einfach abschicken und schon gibt es einen Messwert mehr.

Wer ein Sky Quality Meter besitzt kann auch diese Werte an Globe at Night schicken. Dazu gibt es zwei Apps für Smartphones, Verlust der Nacht und Dark Sky Meter, deren Daten ebenfalls gesammelt werden. Alle diese Daten sind Open Access, d.h. jeder Wissenschaftler oder sonstwie Interessierte kann Sie abrufen und nutzen.

Genauere Infos gibt es in diesem Blogbeitrag und natürlich auf der Globe at Night Website.

Verlust der Nacht

Wo? Draußen
Wann? Bei Nacht
erforderliche Ausrüstung? kostenfreie Loss of the Night App für Android und iPhone
Lernfaktor: Sterne und Sternbilder kennenlernen und bei Nacht draußen sein

Screenshot mit freundlicher Genehmigung von Verlust der Nacht

Wer gerne sein Smartphone benutzt und die Sternenjagd noch weiter treiben will, für den ist die mobile App Verlust der Nacht genau das richtige. Alles, was Sie brauchen, ist Ihr Smartphone mit der App und den richtigen Zeitpunkt. Die App ortet Ihren Standort und berechnet, ob es dunkel genug ist, um Sterne zu zählen. Dann werden Sie mit einem Pfeil zu einem Stern geleitet und geben an, ob Sie diesen sehen können. Nach mindestens acht Sternen können Sie das Ergebnis über die App an die Globe At Night Datenbank schicken. Die Messungen lassen sich auch auf der Webseite My Sky at Night anschauen.

Zusätzlich zum Sternezählen gibt die App auch die Namen der Sterne, die gerade in Ihrer Blickrichtung sind. So können Sie auch einfach ganz entspannt den Himmel erkunden.

Genauere Infos und Screenshots gibt es auch in diesem Blogbeitrag.

Dark Sky Meter App

Wo? Draußen
Wann? Bei Nacht
erforderliche Ausrüstung: iPhone und Dark Sky Meter App (€ 2.29) Lernfaktor: eigene Daten erheben und analysieren

Für iPhone Besitzer gibt es die Möglichkeit, ein Foto des Nachthimmels zu machen, das iPhone misst dann die Helligkeit. Diese einfache Prinzip funktioniert leider nicht für Android-Geräte, weil es dort einfach viel zu viele Hersteller mit unterschiedlichen Kameras gibt. Die Messwerte lassen sich nicht vergleichen.

Die Daten können an die Globe at Night Datenbank geschickt werden. Anschauen kann man sich die Messungen auf der Dark Sky Meter Homepage. Leider kann die App nicht kostenfrei abgegeben werden, da die Initiatoren die App ohne öffentliche Finanzierung entwickeln und warteb, aber € 2,29 sind weniger als eine Tasse Kaffee und gut angelegt für den Schutz der Nacht.

Cities at Night

Wo? Wo immer Sie Internet-Zugang haben
Wann? Jederzeit
erforderliche Ausrüstung: Computer und Internet-Zugang
Lernfaktor: Muster erkennen und Städte identifizieren

Berlin fotografiert von der ISS. Bildrechte bei NASA

Mit Cities at Night kann man von der Couch aus forschen. Und zwar mit Hilfe der Astronauten aus der Internationalen Raumstation. Von dort wurden hunderttausende von Fotos geschossen, viele von Städten. Solche Fotos sind wertvoll für Wissenschaftler, vorausgesetzt sie wissen, um welche Stadt es sich handelt, denn nicht nur sind einzelne Straßen zu erkennen, sondern die Farben auf den Fotos erlauben auch Rückschlüsse auf die verwendeten Leuchtmittel, z.B. Natriumdampf oder LED.

In dem Projekt Lost at Night wird Ihnen ein zu kartografierendes Foto und verschiedene Vergleichsfotos gezeigt. Sie entscheiden nun, welches Foto am besten mit dem gesuchten übereinstimmt. Jedes Foto wird von mehreren Personen betrachtet. Ziel ist eine Fotokarte der Erde bei Nacht, auf der man einzelne Straßenzüge erkennen kann.

TESS-Photometer-Netzwerk

Wo? Am eigenen Haus oder Grundstück
Wann? Jederzeit, läuft nach Installation automatisch
erforderliche Ausrüstung: TESS-Photometer, Stromquelle, WLAN, sicherer Langzeit-Standort
Lernfaktor: eigene Daten erheben und analysieren

Dieses Projekt ist etwas umständlicher zu Beginn, macht danach aber kaum Arbeit und erzeugt viele Daten. Ziel ist es, mögichst viele Orte weltweit zu haben, an denen ein sogenanntes TESS-Photometer fest installiert ist und die Himmelshelligkeit misst. Diese Daten werden in einer spanischen Datenbank gesammelt und als Open Access zur Verfügung gestellt.

Der Beginn ist, wie gesagt, etwas umständlich. Benötigt wird ein wetterfestes TESS-Photometer mit den Maßen 83 x 60 x 32 mm, das mit freiem Blick in den Himmel montiert wird. Am besten eignen sich dazu Hausdächer. Es benötigt eine Stromversorgung über USB und Zugang zu einem WLAN-Netzwerk. Danach ist eigentlich nichts mehr zu tun. Die Messdaten werden automatisch übertragen und können online eingesehen werden.

TESS-Photometer messen ein breiteres Spektrum als SQMs, besonders im kurzwelligen, blauen Bereich und eignen sich daher besser zur Messung der aktuellen LED-Beleuchtung. Preislich ähneln sich beide Geräte, TESS zeigt die Messwerte allerdings nicht direkt an und ist nicht als Handgerät, sondern für automatische Langzeitmessungen konzipiert.

Mehr Informationen über das Gerät, die Daten und bisherige Karten gibt es auf der Homepage des Projektes.

Titelbild dieses Beitrags: Martin Mark (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

3 Replies to “Citizen Science für die Nacht”

  1. Zwei kleine Gedichte zum Sternenhimmel:

    STERNENFREUNDE

    Sie blicken zu Mond und Sternen,
    Sind den Planeten auf der Spur;
    Reisen zu des Weltalls Fernen,
    Wenn auch mit Teleskopen nur.

    Unterwegs in finsterer Nacht,
    Im Banne der himmlischen Pracht;
    Licht aus, Sterne an, klare Sicht –
    Viel mehr brauchen sie dazu nicht.

    DIE WELT DER STERNE

    Deklination und Rektaszension
    Bestimmen die Sternposition.
    Die Parallaxe indessen
    Hilft beim Entfernung messen.

    Mehr Erkenntnisse bringt uns dann
    Das Hertzsprung-Russel Diagramm.
    Der Sterne Aufbau und Wesen
    An der Stellung abzulesen.

    Wir sehen Sterne Blau und Rot,
    Neugeboren, auch kurz vorm Tod;
    Oder uns’rer Sonne ähnlich,
    Mittelalt und leuchtend gelblich.

    Da gibt es Riesen und Zwerge
    Verschiedenster Leuchtstärke;
    Solisten und Mehrfachsterne,
    Recht nah und in weiter Ferne.

    All dieser Sonnen Profession
    Ist im Innern die Kernfusion.
    Eruption und Protuberanz
    Sind nur oberflächlicher Tanz.

    Sternenheimat sind Galaxien,
    Die mit ihnen durchs All zieh’n.
    Meist von Planeten umgeben,
    Gibt’s ohne Sterne kein Leben.

    Sterne sind bis zum Ende
    Geburtsort der Elemente.
    Nach dem Eisen letzter Gruß,
    Machen Sterne damit Schluss.

    Für Elemente superschwer
    Muss eine Supernova her.
    Sterne entsteh’n und vergeh’n,
    Das ist im All Normalgescheh’n.
    Der Mensch, ein Kind der Sterne,
    Betrachtet’s aus der Ferne.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

      1. Es gibt im All die herrlichsten Sterne,
        Und das in nicht allzu weiter Ferne.😉

        Vergessen wir die Sonne nicht,🌞
        Sie spendet uns Wärme und Licht.
        Der Sonnenschein ist ein Segen,
        So kann sich das Leben regen.

        Noch einige Gedichte zu den Rätseln des Universums, über Raum und Zeit,
        nicht frei von Heiterkeit. 😉

        Wir blicken zu den funkelnden Sternen
        In des Weltalls unendlichen Fernen.
        Dabei fragen wir uns so manche Nacht,
        Wie wohl entstanden ist all diese Pracht.

        DUNKLES UNIVERSUM

        Am Anfang war der Urknall.
        Um uns herum der Nachhall.
        Das Weltall in Expansion
        Milliarden Jahre nun schon.

        Es sind dabei die Galaxien
        Einander rasant zu entflie’n.
        Da ist keine Wende in Sicht,
        Irgendwann geht aus das Licht.

        Dunkle Materie ist rätselhaft,
        Dunkle Energie nicht minder.
        Das Wissen ist noch lückenhaft,
        Man kommt nicht recht dahinter.

        Es braucht wohl wieder ein Genie,
        Gar eine neue Theorie.
        Den Kosmos ganz zu versteh’n,
        Wird noch etwas Zeit vergeh’n.

        EINSTEIN RELATIV LYRISCH

        Zeit ist relativ,
        Man hat sie leider nie.
        Einstein forschte intensiv,
        Offenbarte sein Genie:
        Konstant das Tempo von Licht,
        Schneller geht es nunmal nicht.
        Ein weiteres Resultat: E = m c ²
        Er brachte die Raumzeit ins Spiel,
        Eine Feldgleichung war das Ziel.
        Masse krümmt umgebenden Raum –
        Revolutionäres war gedacht,
        Wissenschaft vorangebracht.

        DAS SCHWARZE LOCH

        Ein kosmisches Schwergewicht,
        Zu keiner Diät bereit;
        Sternenstaub das Hauptgericht,
        Verschmäht wird keine Mahlzeit.
        Die Materie superdicht,
        Stark verbogen die Raumzeit;
        Dem Monster entkommt kein Licht,
        Gefängnis für die Ewigkeit.
        Der Ereignishorizont ist Grenze,
        Dahinter ist einfach Sense.

        MONSTERCRASH 🌚⚔️🌚 😉

        Zwei Schwarze Löcher im Streit,
        Das kommt vor von Zeit zu Zeit.
        Auch einen Neutronenstern
        Rempeln diese Monster gern.

        Die gewaltige Kollision
        Bringt das Weltall zur Vibration,
        In die Raumzeit ein paar Dellen,
        Dazu Gravitationswellen.

        Diese gehen auf die Reise,
        Zieh’n im Kosmos ihre Kreise.
        So erfährt auch unser Planet,
        Was da draußen vor sich geht.

        DER ROTE PLANET

        Wenn man so auf Mars schaut,
        Rostrot schimmert seine Haut.
        Der äußere Nachbar der Erde
        Ist ein ziemlich kalter Gefährte.
        Halb so groß, von ähnlicher Gestalt,
        Der Mensch will ihn besuchen bald.

        Der Planet ist mal nah, mal fern,
        Zieht exzentrisch um uns’ren Stern.
        Dünn ist seine Atmosphäre,
        Früher gab’s wohl sogar Meere.
        Vieles wird man noch ergründen,
        Vielleicht Lebensspuren finden.

        SUPERMOND

        Der Mond über Haus und Wiese
        Zeigt sich heut‘ als wahrer Riese.
        Als ob er uns in der Krise
        Hier unten nicht allein ließe.

        Der Erde treuer Begleiter
        Stimmt uns mal traurig, mal heiter;
        Berührt das menschliche Gemüt,
        Gebannt man ihm ins Antlitz sieht.

        Verliebte mögen den Mondschein,
        Sind mit sich und dem Mond allein.
        Mondsüchtige treibt er aufs Dach,
        Auch Tiere bleiben länger wach.

        Der Mond besitzt enorme Kraft,
        Womit er die Gezeiten schafft.
        Ohne Mond kämen wir in Not,
        Er hält die Erdachse im Lot.

        Doch er zieht sich langsam zurück,
        Entfernt sich leider Stück um Stück.
        Höchste Zeit, dass ein Astronaut
        Mal wieder nach Frau Luna schaut.

        MONDFINSTERNIS

        Großes Schauspiel am Himmelszelt,
        Auf den roten Mond blickt die Welt.
        Frau Luna schaut sehr finster drein,
        Im Erdschatten so ganz allein.

        Nun abgeschirmt vom Sonnenlicht,
        Verfinstert sich das Mondgesicht.
        Das ist nicht allzu oft der Fall,
        Zu sehen auch nicht überall.

        Nur bei Vollmond zu verfolgen,
        Wenn denn mitspielen die Wolken.
        Der Eklipse Faszination
        Erlagen Menschen immer schon.

        Es bringt die Himmelsmechanik
        Uns das Mondlicht bald zurück.
        Der Erde treuer Begleiter
        Kann blicken wieder heiter.

        WELTALL – ERDE – MENSCH

        Eine Singularität macht Karriere,
        Die Materie in einem Punkt vereint.
        Ein großer Knall beendet die Leere,
        Das Duo Raum und Zeit erscheint.

        Der Materie Vielfalt fächert sich auf,
        Es bilden sich die Elemente.
        Sterne und Planeten entsteh’n zuhauf,
        Alles in Ausdehnung ohne Ende.

        Uns’re Galaxie ist eine von Milliarden,
        Ein Spiralsystem, keine Besonderheit.
        Die Erde hatte die besten Karten,
        Hier fand das Leben Geborgenheit.

        Aus toter Materie ging es hervor,
        Strebte hin zu höchster Komplexität.
        Die Evolution wirkt als ein Motor,
        Der einfach niemals ins Stocken gerät.

        Zahllose Arten entsteh’n und vergeh’n,
        Bevor der Mensch betritt die Szenerie.
        Auch ihn wird man nicht ewig hier seh’n,
        Das ist die kosmische Dramaturgie.

        Rainer Kirmse , Altenburg

        Herzliche Grüße aus Thüringen

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