Umweltschutz im Garten: Bitte rund um die Uhr!
Das Wetter wird (mehr oder weniger) wärmer und die Gartensaison hat begonnen. Zeit, kreativ tätig zu werden. Wer einen umweltfreundlichen Garten möchte, der findet bei NABU, BUND und Co. viele gute Ratschläge für Wildblumenwiesen, Schmetterlingsgärten und Insektenhotels. Doch eigentlich beziehen sich fast alle Tipps auf den Garten am Tag. Was wir tun sollten, damit der Garten auch nachts umweltfreundlich ist, kommt viel zu kurz. Deshalb hier ein paar Gedanken zum Nachtschutz im eigenen Garten.
Keine Frage, Gartenbeleuchtung kann schön sein. Sie hat aber auch Konsequenzen, die weit über den Energieverbrauch reichen. Denn auch Gartenbeleuchtung trägt zur Lichtverschmutzung bei.
Licht zieht an und stößt ab
Jeder kennt das Phänomen, dass Insekten auftauchen, sobald man ein Licht auf den Gartentisch stellt. Darunter sind vor allem Motten, die zu den wichtigsten Bestäubern zählen. Das machen sich einige Spinnenarten zu Nutze, die ihre Netze an fest-installierten Leuchten spinnen. Dass die leichte Beute aber auch Nachteile haben könnte, wissen wir von australischen Gartenspinnen. Die großen Orb-Weaver wachsen in beleuchteten Gärten schneller und erreichen früher das fortpflanzungsfähige Alter. Dafür sind sie dann kleiner, legen weniger Eier und es überleben weniger Jungspinnen. Langfristig könnte das Fast-Food an der Lampe also eher ein Nachteil sein. Offensichtliche Verlierer sind Spinnenarten, die das Licht scheuen, denn wenn alle Insekten ins Licht fliegen, verfangen sich weniger in den Netzen im Dunklen.
Eher unbemerkt von uns verändern sich auch die Tierarten, die unter den Leuchten auf dem Boden leben. Laufkäfer und Jagdspinnen fressen die toten oder erschöpften Insekten, doch auch hier verschwinden lichtempfindliche Arten.
Sogar tagaktive Wegschnecken sind von der Gartenbeleuchtung betroffen, und zwar schon von den Solarlichtern, die immer beliebter werden. Wissenschaftler aus Potsdam konnten zeigen, dass die Zahl der Nacktschnecken in beleuchteten Bereichen zunimmt. Warum das so ist, wissen die Forscher nicht, es könnte aber an verbesserten Futterbedingungen durch tote Insekten oder verstärktem Pflanzenwachstum liegen.
Besonders problematisch ist die Beleuchtung von Bäumen und Büschen. Bodenstrahler, die Pflanzen von unten bestrahlen, tragen zur großflächigen Erhellung des Nachthimmels bei. Viele Tiere übernachten zwischen den Ästen, das künstliche Licht stört ihren Schlaf. Meisen, deren Nistkästen beleuchtet wurden, sind abends länger und morgens früher aktiv, schlafen also zu wenig.
Fledermäuse mögen doch das Licht, oder?
Von vielen Kleinsäugern ist bekannt, dass sie beleuchtete Bereiche vermeiden, da sie hier leichter von Fressfeinden entdeckt werden. Ein Berliner Forscherteam untersuchte Igel in einem Stadtpark und stellte fest, dass sie sich vor allem in den dunkleren Bereichen aufhielten. Da viele nachtaktive Tiere sehr empfindliche Augen haben ist anzunehmen, dass das Licht, gerade wenn es auf Augenhöhe ist, sie blendet. Auch von Fröschen wissen wir, dass sie helle Orte vermeiden. Sind sie aber aus irgendwelchen Gründen im Licht, zögern sie davor, ins Dunkle zurückzukehren, weil ihre Augen bis zu einer Stunde brauchen, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
In einem fledermausfreundlichen Garten hat Beleuchtung schon gar nichts verloren. Dabei mag eine Lampe auf den ersten Blick durchaus positiv für die Fledertiere wirken, denn einige Arten, wie der Große Abendsegler, jagen im Licht die orientierungslosen Insekten. Langsam fliegende Arten wie die Bechsteinfledermaus vermeiden das Licht und müssen mit den wenigen Insekten überleben, die nicht an einer Garten- oder (was viel wahrscheinlicher ist) Straßenlaterne enden.
Doch egal ob lichtempfindlich oder nicht, keine Fledermaus mag Licht an ihrem Schlafplatz und der beste Fledermauskasten nutzt nichts, wenn der Weg dorthin beleuchtet ist. Dunkle Gärten sind daher wertvolle Rückzugsgebiete für die bedrohten Flugsäuger.
Sinnvoll ist auch eine nachtaktive Bepflanzung. Einige Pflanzen blühen nachts und locken damit nachtaktive Insekten an. Das ist nicht nur gut für die Fledermäuse, sondern auch für die Insekten. Die Nachtkerze belohnt den Gärtner zudem mit dem Öffnen der Blüten am Abend, wenn sich andere Blüten schließen. Wer abends in einem Nachtgarten sitzt, darf dann den Duft der Nachtblumen genießen. Informationen über nachtaktive Pflanzen gibt es zum Beispiel beim NABU.
Heikel ist auch die Beleuchtung von Teichen. Nicht nur stört das Licht Fische und Frösche, es hat auch Auswirkungen auf die Algen. Ist es zu hell, kann es vermehrt zu Algenwachstum kommen, zumal die Flohkrebse, die nachts die Algen abweiden sollten, das Licht meiden.
Auch Pflanzen sind betroffen
Nicht zuletzt sollten Sie bei Ihrem Garten auch an die Pflanzen denken. Verblüffend wenig ist bisher erforscht über die Auswirkung nächtlicher Beleuchtung bei Pflanzen. Gut bekannt ist, dass verlängerte Tage bei einigen Pflanzen höhere Erträge bringen und das Blühen auslösen. Bei anderen Pflanzen hat es aber die gegenteilige Wirkung. Gut zu beobachten ist auch, dass Bäume neben einer Straßenlaterne früher ausschlagen und länger ihre Blätter behalten – was sie anfälliger für Frost macht. Es gibt sogar erste Anzeichen für einen Burn-Out bei Bäumen, wenn sie auch nachts Photosynthese betreiben. Und so seltsam es klingt, auch Pflanzen schlafen. Werden sie beleuchtet, ist das ebenso stören für sie wie für unsere tierischen Gartenbewohner.
Hier schließt sich auch wieder der Kreis zu den Insekten. Beleuchtete Pflanzen werden seltener bestäubt und bilden weniger Früchte. Wer also seine Obstbäume und seinen Gemüsegarten beleuchtet, muss mit weniger Früchten rechnen.
Zuletzt noch ein Wort zu den beliebten Solarlichtern. Solarstrom gilt zwar als umweltverträglich, wirklich umweltfreundlich sind Solarlichter aber keineswegs. Die Produktion von Solarzellen und Akkus verbraucht viele seltene Erden. Auch die Entsorgung ist nicht ganz einfach. Billige Solarleuchten halten leider meist nur wenige Jahre, dann geben die Akkus auf. Nun muss der Elektroschrott entsorgt werden. Für LEDs gibt es dafür noch keine wirklichen Konzepte, ein Recycling funktioniert noch nicht. Umweltverträglich sind die kleinen Solarlichter aus dem Baumarkt also keinesfalls.
Tipps für einen nachtfreundlichen Garten:
Zusammengefasst sind hier ein paar Tipps für einen nachtfreundlichen Garten:
Schalten Sie das Licht nur ein, wenn Sie es auch wirklich anschauen. Zeitschaltuhren sorgen dafür, dass nachts auch wirklich abgeschaltet wird. Und ganz ehrlich, niemand bewundert ihre Gartenbeleuchtung um drei Uhr nachts.
Weniger ist mehr! Beleuchten Sie mit wenig Leuchten und geringer Intensität. Für Nutzlicht gilt, dass Sie mit einem Licht anfangen und die Intensität langsam steigern, bis Sie ausreichend Licht haben. Leuchten aus dem Baumarkt sind oft absolut überdimensioniert. Übrigens ist bei den Lichtdesignern das Dunkeldesign gerade groß im Kommen. Hier wird mit Kontrasten gearbeitet und Licht eher zurückhaltend verwendet, um die Mystik der Nacht zu erhalten.
Licht nur nach unten strahlen lassen. Nutzen Sie abgeschirmte Leuchten um das Licht auf die Stellen zu bringen, wo es benötigt wird. Damit vermeiden Sie auch, selbst geblendet zu werden. Installieren Sie keine Bodenstrahler (deren Lebenszeit ist sowieso eher gering und das wenigste Licht wird gesehen, weil es eben nach oben strahlt) und verzichten Sie darauf, Bäume anzustrahlen.
Nutzen Sie warmes Licht. Neutral- und kalt-weißes Licht mag energieeffizienter sein als warm-weiß oder gar bernsteinfarben, die geringe Energieersparnis gleichen sie aber durch die anderen ökologischen Folgen wieder mehr als aus. Je kälter das Licht, desto höher der Anteil an blauem Licht, dass die biologischen Rhythmen von Menschen und Tieren beeinflusst, mehr Insekten anzieht und ihre Nachbarn stärker blendet. Deshalb möglichst Lampen mit möglichst niedriger Kelvinzahl wählen.
Der beste Tipp für eine nachtfreundliche Beleuchtung ist allerdings: Verzichten Sie auf Beleuchtung! Lichtdekoration im Garten hat ihren Reiz, umweltfreundlich ist sie aber in keinem Fall.
Wissenschaftliche Studien:
Berger et al. 2020. Moving in the dark—evidence for an influence of artificial light at night on the movement behaviour of European hedgehogs (Erinaceus europaeus). Animals 10(8): 1-16.
Grunsven et al. 2018. Slugs (Arionidae) benefit from nocturnal artificial illumination. Journal of Experimental Biology 329 (8-9):429-433
Knop et al. 2017. Artificial light at night as a new threat to pollination. Nature 548: 206-209
Kwak et al. 2018. Night Light-Adaptation Strategies for Photosynthetic Apparatus in Yellow-Poplar (Liriodendron tulipifera L.) Exposed to Artificial Night Lighting. Forests 9(2): 74.
MacGregor et al. 2019. Effects of street lighting technologies on the success and quality of pollination in a nocturnally pollinated plant. Ecosphere 10(1): e02550
Puttonen et al. 2016. Quantification of Overnight Movement of Birch (Betula pendula) Branches and Foliage with Short Interval Terrestrial Laser Scanning. Frontiers in Plant Science 7: 4-6
Raap et al. 2017. Disruptive effects of light pollution on sleep in free-living birds: Season and/or light intensity-dependent? Behavioural Processes 144: 13-19
7 Replies to “Umweltschutz im Garten: Bitte rund um die Uhr!”
Nichts ist schwerer als weniger oder nichts zu tun!
Interessant, dass durch das Licht mehr Nacktschnecken auftauchen. Wir haben eine Palme im Garten. Die wächst in Linz erstaunlich gut. Nun wollen wir ein Unternehmen für Elektrotechnik beauftragen, um diese abends für wenige Stunden zu beleuchten. Wir werden diese Hinweise weitergeben und bedenken. Es wäre gut, dass Licht am Stamm weiter oben anzubringen, um die Tiere auf dem Boden nicht zu verwirren.
Bitte bedenken Sie folgendes: Wenn das Licht in den Himmel strahlt, zieht es Insekten an, strahlt es auf den Boden werden selbst geringe Beleuchtungsstärken ausreichen, um die Bodenfauna zu stören. Die Nacktschnecken kommen möglicherweise auch gar nicht wegen des Lichts, sondern wegen der toten Insekten. Das Mehr an Nacktschnecken wurde nämlich tagsüber festgestellt, nachts sind sie inaktiv. Künstliches Licht ist auch immer ein Störfaktor für die Pflanze selbst. Es gibt verschiedene Pflanzen, die dann Wachstumsstörungen aufweisen oder durch vermehrte Photosynthese regelrecht „ausbrennen“. Für Insekten gilt, je rötlicher das Licht, desto weniger attraktiv. Pflanzen reagieren sowohl auf rötliches wie auf bläuliches Licht.
wie kann man sich gegen zu helle nächtliche Rundumbeleuchtung durch die Stadt wehren?
Sich gegen übermäßige Beleuchtung zu wehren ist nicht einfach, besonders, wenn die Stadt der Verursacher ist. Es ist aber auch nicht aussichtslos und hat mitunter mehr Erfolg, als man denkt, zumal das Bewusstsein wächst. Im Allgemeinen ist die Untere Naturschutzbehörde oder das Umweltamt zuständig, da es sich um eine Emission handelt und damit unter das Emissionsschutzgesetz fällt. Zur Beurteilung der Störwirkung werden die „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen“ die sogenannte LAI, herangezogen. Leider ist Straßenbeleuchtung dort explizit ausgeschlossen, allerdings hat auch schon ein Richter entschieden, dass sie auch für diesen Fall Sinn macht.
Der erste Schritt sollte ein Gespräch mit dem Verursacher sein. Dabei kann man mit Informationsmaterial argumentieren, wie z.B. die Handreichungen des Sternenparks Rhön, dem Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtung vom Bundesamt für Naturschutz oder dem Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag. Mehr Infomaterial gibt es auf meiner Ressourcenseite und bei den Paten der Nacht. Die Paten sind auch an vielen Orten direkt aktiv und haben für konkrete Anfragen Kontakte zu Lichtplanern und einem Rechtsanwalt.
Ganz wichtig ist, sich nicht abwimmeln zu lassen mit dem Argument, man sei der Einzige, der sich gestört fühle, dass ist nämlich selten so. Auch das Totschlag-Argument mit der Sicherheit ist nicht unangreifbar, man kann mit guter Lichtplanung Lichtemissionen reduzieren und trotzdem sicher beleuchten.